Rollstuhlsteuerung über Kopfbewegung mit Smartglasses
Die Steuerung eines Rollstuhls mit Hilfe einer sogenannten Smartglass durch Kopfbewegungen klingt nach Science Fiction, ist aber mit munevo DRIVE bereits Realität. Menschen mit erheblichen Einschränkungen kann das System damit zu mehr Unabhängigkeit und Mobiliät verhelfen. Möglich wird dies durch eine intelligente Brille (Smartglass), die Bewegungen des Kopfes erkennt und diese in Steuersignale für den Rollstuhl übersetzt.
Für Menschen mit Behinderung die ihren Elektrorollstuhl nicht über einen Hand-Joystick steuern können gibt es derzeit verschiedene Steuermöglichkeiten für den Rollstuhl (Kinn-, Hinterhaupt, Saug-Blas, Zungen-, Augensteuerung…). Mit munevo DRIVE lässt sich künftig ein Elektrorollstuhl ganz einfach über Kopfbewegungen steuern und verspricht so für viele Betroffene eine neue Stufe der Mobilität und Unabhängigkeit.
Ich durfte Konstantin Madaus treffen, der zusammen mit Claudiu Leverenz sowie Deepesh Pandey und Aashish Trivedi das Startup munevo gegründet hat.
Wie funktioniert munevo DRIVE?
Munevo DRIVE setzt zur Rollstuhlsteuerung eine sogenannte Smartglass ein. Das ist ein Minicomputer, der in ein Brillengestell eingebaut ist und dessen Sensorik Kopfbewegungen erkennt und in Steuersignale übersetzt. Diese Signale werden über einen Adapter an den Rollstuhl weitergeleitet. Somit wird die freihändige Steuerung des Rollstuhls durch munevo DRIVE möglich.
Das System von munevo DRIVE besteht aus zwei Teilen:
- Smartglass
- Adapterbox
Damit eine Steuerung des Rollstuhls über das System möglich wird muss an die Kontrolleinheit des Rollstuhls der munevo Adapter angeschlossen werden. Die meisten Rollstühle verfügen dazu über eine standardisierte Schnittstelle. Gesteuert wird dann über die intelligente Brille, die Smartglass. Diese verfügt über einen Minibildschirm, den man jederzeit im Blick hat und sie erkennt die Bewegungen des Kopfes, wodurch sich der Rollstuhl steuern lässt.
Man beschleunigt, indem man den Kopf etwas anhebt, ein Neigen des Kopfes nach links oder rechts lenkt den Rollstuhl. Je stärker die Kopfneigung, umso stärker die Lenkbewegung bzw. Beschleunigung. Sensoren erkennen zudem Gefahrensituationen und machen somit das Fahren mit dem Rollstuhl sichererer.
Dies bedeutet eine völlig neue Art der Rollstuhlsteuerung und für alle Menschen mit Handicap, die keine Handsteuerung nutzen können ergeben sich somit ganz neue Möglichkeiten der Mobilität und Selbständigkeit.
munevo DRIVE im Bild
munevo DRIVE im Video
Technische Details
Munevo setzt für seine Applikation das System Google Glass ein. Ursprünglich von Google als Lifestyle-Produkt entwickelt ist Google Glass in der zweiten Generation mittlerweile eine spannende Technologie für Unternehmen geworden. Mit munevo DRIVE wird es damit zum ersten Mal eine sinnvolle Nutzung der Brille für den privaten Nutzer geben.
Die Datenbrille verfügt über 2 GByte Arbeitsspeicher, einen Akku mit 780 mAh Kapazität und diverse Sensoren: Ein Barometer, ein Magnetometer, ein Zwinker- und Blinzel-Sensor sowie einen kapazitiven Kopfsensor. Als Schnittstelle dienen Drahtlosverbindungen: Die Brille unterstützt 2,4 und 5 GHz-WLAN, sowie Bluetooth. Über Bluetooth wird die Brille mit dem munevo-Adapter verbunden.
Nach den bisherigen Tests von munevo wird der Akku für circa 6 Stunden Nutzung reichen. Aufladen lässt sich der Akku über ein USB-Kabel, das am Brillengestell über einen magnetischen Stecker angeschlossen wird.
Damit sich über die Datenbrille ein Rollstuhl steuern lässt, wurde von munevo eine Adapterbox zum Anschluss an den Rollstuhl und die intelligente Steuer-Software entwickelt.
Fragen zu munevo DRIVE
Ist munevo DRIVE mit jedem Elektrorollstuhl kompatibel?
Die meisten elektrischen Rollstühle greifen auf die gleiche Art von Kontrolleinheit zurück, sodass munevo DRIVE mit fast allen Rollstühlen kompatibel ist. Ausserdem besteht die Möglichkeit App sowie Adapter noch individuell anzupassen, sollte munevo DRIVE nicht kompatibel sein.
Kann munevo Drive nur den Rollstuhl steuern?
Für munevo DRIVE sind zusätzliche Features zur reinen Rollstuhlsteuerung geplant. So soll es beispielsweise möglich sein, im Notfall einer vorher bestimmten Person eine Benachrichtigung inklusive Standortinformationen zukommen zu lassen. Außerdem soll es ermöglicht werden Fotos zu machen und diese zu teilen.
munevo plant für die Zukunft auch Funktionserweiterungen, um etwa PC, Smartphone oder auch SmartHome-Systeme zu steuern!
Wann wird das Gerät verfügbar sein?
Das System befindet sich momentan noch in der letzten Entwicklungs- und Testphase. munevo DRIVE soll noch im Verlauf dieses Jahres auf dem deutschen Markt erhältlich sein, sowie voraussichtlich bis 2020 auch auf dem europäischen und amerikanischen Markt.
Ist eine Kostenübernahme durch Krankenkassen möglich?
Die Macher von munevo sind bereits in Kontakt mit Krankenkassen, damit munevo DRIVE auch als Hilfsmittel bzw. Zubehör zum Elektrorollstuhl übernommen werden kann. Einige Kassen haben haben sich sehr interessiert an dem Produkt gezeigt. Ein genauer Preis kann deshalb an dieser Stelle noch nicht genannt werden.
Mein Eindruck
Munevo hat ein ursprünglich als Livestyle-Gadget entwickeltes Produkt weiterentwickelt und ein System geschaffen, das moderne Technologie für Menschen mit Behinderung nutzt und einen extremen Mehrwert generiert. Damit ist es meiner Meinung nach eines der innovativsten Produkte der letzten Jahre in diesem Bereich.
Durch die Möglichkeit das System über Software-Updates künftig mit neuen Features zu versehen ergeben sich viele Erweiterungsmöglichkeiten wie etwa die geplante Steuerung von Computern oder SmartHome-Systemen.
munevo DRIVE live erleben
Wer munevo DRIVE gerne live sehen möchte sollte die REHACARE in Düsseldorf besuchen (26.-29.09.2018, Halle 3, Stand H18).
Teilnehmer für Studie gesucht
Außerdem werden noch Probanden für eine Studie gesucht. Wer seinen Rollstuhl über Kinn- oder Hinterhaupt-Steuerung bedient und möglichst in der Nähe von München lebt kann sich gerne bei munevo melden.
Flyer mit allen Details zur Studie als PDF zum Download.
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